Zusammenfassung: | Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit innereuropäischer Arbeitsmobilität aus der Perspektive von sozialer Ungleichheit und Sozialstruktur. Der Fokus liegt auf PendlerInnen, die in den Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn wohnen und in Österreich arbeiten. Das Forschungsinteresse konzentriert sich auf Ursachen und Formen von sozialer Ungleichheit als Konsequenz von transnationaler beruflicher Verankerung in der Central European Region (CENTROPE). Diese Region ist von besonderem Interesse, da sie eine lange Geschichte von grenzübergreifender Mobilität und gesellschaftlichem Austausch aufweist - von der Habsburg Monarchie zur Nachkriegszeit bis nach 1989. Einige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs begann ein Prozess der europäischen Reintegration, der 2004 zum Beitritt der post-sozialistischen Länder zur EU geführt hat. Seit 1. Mai 2011 gewährt die Arbeitnehmerfreizügigkeit allen BürgerInnen das Ausüben einer Beschäftigung unter den gleichen Voraussetzungen wie Staatsangehörigen. Die Fragestellung, die den fünf Publikationen meiner Doktorarbeit übergeordnet ist, lautet: Wie tragen transnationale berufliche Verankerungen in der Central European Region zu der (Re)Produktion von sozialer Ungleichheit bei? Um diese Frage zu beantworten, betrachtet die Dissertation systematische Einflussfaktoren, die gleichzeitig auf Arbeitsmärkte und Mobilitätsprozesse einwirken: rechtliche Rahmenbedingungen, der makroökonomische Kontext, wohlfahrtsstaatliche Regimes, die ökonomische Struktur lokaler Regionen, Arbeitgeberpraktiken und Lebenswelten von PendlerInnen. Methodisch wird mit einem Mixed-Methods Ansatz gearbeitet, der die folgenden Daten umfasst: • Regionale makroökonomische Sekundärdaten (EUROSTAT, nationale Arbeitsmarktstatistiken des AMS und EU-SILC Daten), • ein retrospektiver Längsschnittdatensatz zu PendlerInnen (N=1,345) und nicht- PendlerInnen (N=1,334), die in den Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn wohnen, • 20 Experteninterviews mit Angestellten des europäischen Stellenvermittlungs- netzwerks EURES, ArbeitgeberInnen, transnational agierenden GewerkschafterInnen und BürgermeisterInnen in der Region und • 10 narrative Interviews mit grenzübergreifenden PendlerInnen. Die Daten wurden im Zuge des WWTF Forschungsprojekts TRANSLAB (2012-2016) am Institut für Soziologie der Universität Wien erhoben. Die Ergebnisse verweisen auf neu entstehende soziale Hierarchisierungen in der Region. Grenzübergreifende PendlerInnen erhalten den halben Lohn von lokal wohnhaften ÖsterreicherInnen, selbst wenn sie in derselben Branche tätig sind. Zudem sind sie besonders anfällig für Praktiken von Sozialdumping. Im Vergleich zu nicht-PendlerInnen in Tschechien, Slowakei und Ungarn verdienen sie allerdings doppelt so viel. Einhergehend mit dem gestiegenen Status können Gefühle von Neid, soziale Spannungen oder soziale Exklusionsprozesse in der Herkunftsregion aufkommen.
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