Optionen zur Deckung des zukünftigen Finanzierungsbedarfes in der Pflege

Der vorliegende Bericht beschäftigt sich mit Optionen für die öffentliche Finanzierung der Langzeitpflege in Österreich. Das Hauptaugenmerk des Berichtes liegt auf den Verteilungs- und makroökonomischen Effekten ausgewählter Finanzierungsvarianten. Die am IHS bestehenden Modelle ITABENA und TAXLAB w...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Link(s) zu Dokument(en):IHS Publikation
Hauptverfasser: Riedel, Monika, Davoine, Thomas, Poyntner, Philipp, Titelbach, Gerlinde
Format: Research Report NonPeerReviewed
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: 2015
Beschreibung
Zusammenfassung:Der vorliegende Bericht beschäftigt sich mit Optionen für die öffentliche Finanzierung der Langzeitpflege in Österreich. Das Hauptaugenmerk des Berichtes liegt auf den Verteilungs- und makroökonomischen Effekten ausgewählter Finanzierungsvarianten. Die am IHS bestehenden Modelle ITABENA und TAXLAB wurden eingesetzt, um diese Effekte, soweit möglich, für drei Finanzierungsvarianten zu berechnen: Ein Pflegeversicherungsbeitrag, der analog der bestehenden Krankenversicherung auf Erwerbseinkommen und daran anknüpfende Einkommen einschließlich Pensionen erhoben wird, ein ähnlicher Beitrag, der aber auf Pensionseinkommen beschränkt ist, und eine private Pflegeversicherung, die für die gesamte Bevölkerung verpflichtend abzuschließen ist. Für die Steuer- und Beitragssituation im Jahr 2015 wurde die Betroffenheit durch Einkommenseffekte, die die Einführung eines Pflegebeitrags auf ausschließlich Pensions-, oder Pensions- und Erwerbseinkommen mit sich brächte, modelliert. Die Finanzierung des aktuellen Volumens der öffentlichen Pflegeausgaben (4 Mrd. Euro) erfordert einen Beitragssatz von 12,3 Prozent (ausschließlich auf Pensionseinkommen) bzw. 2,7 Prozent (Pensions- und Erwerbseinkommen). Die Finanzierung der gesamten Pflegeausgaben durch Belastung der ca. 2 Mio. PensionistInnen ist mit einer Senkung um 8,5 Prozent des Netto-Pensionseinkommens bzw. 7,8 Prozent des verfügbaren Pro-Kopf-Haushaltseinkommens verbunden (im Vergleich zum Status Quo). Die Belastung der Netto-Pensionseinkommen ist in den untersten vier Dezilen mit knapp 13 Prozent am ausgeprägtesten. Werden neben Pensionseinkommen auch Erwerbseinkommen in eine Pflegeversicherung einbezogen, sinkt das durchschnittliche Einkommen aus diesen Einkommensquellen um 1,6 Prozent und das verfügbare Pro-Kopf-Haushaltseinkommen um 1,4 Prozent, u.a. da die Belastung auf eine Gruppe aufgeteilt wird, die etwa dreimal so groß ist wie die Gruppe der PensionistInnen. Der Verlust an verfügbarem Pro-Kopf-Haushaltseinkommen streut zwischen 1,0 Prozent im einkommensschwächsten Dezil und 1,6 Prozent in Dezil 3, in dem besonders viele Personen mit Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze, aber mit niedrigem Steuersatz zu finden sind. Die Einnahmen aus Pflegebeiträgen würden Spielraum bei der Verwendung von Steuermitteln schaffen. Die freiwerdenden Steuermittel könnten für eine Senkung der Einkommenssteuer verwendet werden, die die durchschnittliche Belastung durch Pflegebeiträge auf Pensionseinkommen in allen Dezilen auf unter 5 Prozent des Netto-Einkommens drückt. Gemessen an einer Fortführung der Finanzierung wie im Status Quo bis ins Jahr 2065 schneidet die Privatversicherungsoption bei den makroökonomischen Effekten mit stärkerem Wachstum bei BIP und Privatkonsum besser als die beiden Alternativen ab. Erkauft wird dieser Vorteil mit einer sehr ungleichen Betroffenheit in einzelnen Bevölkerungsgruppen. So klafft die Entwicklung zwischen Bevölkerungsgruppen weiter auseinander als in anderen Finanzierungsoptionen und begünstigt Erwerbstätige und Hochausgebildete bzw. versetzt PensionsbezieherInnen und Niedriggebildete in eine deutlich ungünstigere Position. Die Implementierung der Privatversicherungsoption stellte die größte Herausforderung für die vorhandenen Berechnungs-Tools dar. Daher liegen für diese Finanzierungsoption nur die Berechnungen der makroökonomischen Effekte, und diese in vereinfachter Form vor. Konkret konnte die Modellierung keinen öffentlichen Schutzmechanismus gegen das Armutsrisiko und die davon ausgehenden negativen Anreizeffekte berücksichtigen; insofern stellen die Berechnungen die Privatversicherungsoption als zu optimistisch dar und können nicht realistisch mit den anderen Finanzierungsoptionen verglichen werden. Die Finanzierungsoption über Beiträge auf Pensionen schneidet langfristig bezüglich BIP (+1,3 Prozentpunkte) und Privatkonsum (+1,5 Prozentpunkte) besser ab als die Fortführung der Finanzierung wie im Status Quo, jene über einen Pflegeversicherungsbeitrag analog zur Krankenversicherung (also einschließlich Erwerbsbevölkerung) schlechter (BIP: -0,7 Prozentpunkte, Privatkonsum: -0,7 Prozentpunkte). Der Pflegebeitrag auf Pensionen begünstigt Erwerbstätige und Hochausgebildete bzw. versetzt PensionsbezieherInnen und Niedriggebildete in eine deutlich ungünstigere Position, im Gegensatz zum allgemeinen Pflegeversicherungsbeitrag, der PensionsbezieherInnen im Vergleich zur Status-Quo Finanzierung langfristig besser und Erwerbstätige relativ schlechter stellt.