Doing the dirty work - Arbeitsrealitäten von plattformbasierten Reinigungskräften in privaten Haushalten in Wien / working realities of platform-based domestic cleaners in Vienna

Die COVID-19 Pandemie ist für Frauen mit einer Vielzahl an Herausforderungen einhergegangen. Im wissenschaftlichen und medialen Diskurs wurden insbesondere Mehrfachbelastungen von Frauen der Mittelschicht sichtbar gemacht, die durch den Wegfall der Externalisierung von Reproduktionstätigkeiten beför...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Link(s) zu Dokument(en):IHS Publikation
Hauptverfasser: Wiesböck, Laura, Vo, Mai Linh Angelique, Radlherr, Julia
Format: Conference or Workshop Item NonPeerReviewed
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: 2022
Beschreibung
Zusammenfassung:Die COVID-19 Pandemie ist für Frauen mit einer Vielzahl an Herausforderungen einhergegangen. Im wissenschaftlichen und medialen Diskurs wurden insbesondere Mehrfachbelastungen von Frauen der Mittelschicht sichtbar gemacht, die durch den Wegfall der Externalisierung von Reproduktionstätigkeiten befördert worden sind. Darüber hinaus wurden so genannte “Systemerhalterinnen” in den Fokus gerückt, also Niedriglohnarbeiterinnen im Bereich Gesundheit oder Handel, die einer höheren Arbeitslast und größeren Gesundheitsrisiken ausgesetzt waren. Reinigungspersonal hingegen waren kaum im Zentrum der Analyse, obwohl sie sowohl vom Wegfall der Externalisierung von Reproduktionstätigkeiten auf Haushaltsebene existenziell betroffen sind, als auch “systemrelevante” Tätigkeiten ausführen. Diese Gruppe ist besonders vulnerabel, da sie Ungleichheitslagen wie Geschlecht, Migrationsgeschichte, Ethnizität und soziale Herkunft vereint, vielfach auf digitale Vermittlungsplattformen als Erwerbszugang angewiesen ist und im ungeschützten Setting von privaten Wohnräumen agiert. Während Reinigungskräfte in Büros, Öffentlichen Verkehrsmitteln, Schulen, oder Spitäler an überwiegend öffentlichen Orten tätig sind, an denen auch andere Menschen teilnehmen, sind Reinigungskräfte in Haushalten weitgehend isoliert und kaum sichtbar. Auch darüber hinaus sind zahlreiche Herausforderungen gegeben. Das betrifft die Verteilung der Arbeiterinnen über verschiedene Plattformen, keine Co-Präsenz von Kolleginnen, gesundheitliche Belastungen (Rückenschmerzen, Asthma, Hautkrankheiten), sprachliche Verständigungshürden, Konkurrenz unter den Arbeiterinnen, Wettbewerb um Aufträge und finanzielle Notlagen und Existenzängste, nicht zuletzt da die Distanzierungsmaßnahmen im Zuge der COVID19-Pandemie sich besonders nachteilig auf ihre Erwerbsarbeitsmöglichkeiten ausgewirkt haben. Insgesamt stellen die räumlich und sprachlich fragmentierten Arbeiterinnen eine Herausforderung für die gewerkschaftliche Strategiebildung dar, wie auch für die wissenschaftliche Erforschung, was sich in der bis dato unzureichenden Datenlage widerspiegelt. Ziel des Projekts GigClean ist es, diese Forschungslücke anhand einer qualitativen Studie zu adressieren und darauf aufbauend einen Wissenszuwachs zu forcieren, bei Interessenvertreter*innen zu bestehenden Problemstellungen, sowie bei plattformbasierten Reinigungskräften zu der eigenen rechtlichen Lage. Das vom AK Digifonds geförderte Projekt wird von Wissenschaftlerinnen aus dem Bereich der Soziologie und Sozialpolitik am Institut für Höhere Studien Wien durchgeführt. Das methodische Design besteht aus 15 problemzentrierten Interviews mit plattformbasierten Reinigungskräften in privaten Haushalten in Wien. Die Interviews werden anonym und, wenn gewünscht, in der Erstsprache der Arbeiterinnen geführt. Eine der Hauptinteressen ist, Erkenntnisse über die Verteilung von Verantwortlichkeiten und Risiken im beruflichen Kontext zu gewinnen, etwa hinsichtlich Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Krankheit und Verletzungen, COVID-19-bezogene Gefahren oder Erfahrungen mit Diskriminierung durch das Plattformunternehmen oder durch Kund*innen. Darüber hinaus sollen soziale Aspekte eine Rolle spielen, wie gesellschaftliche Vereinzelungserfahrungen oder partnerschaftliche Abhängigkeiten. Die Ergebnisse werden gemeinsam mit einem Advisory Board, bestehend aus Rechtswissenschaftler*innen (Universität Wien) und Gewerkschaftler*innen (GPA, ÖGB, Gewerkschaft vida) zu Informationsmaterial ausgearbeitet. Das betrifft Fragen zu Löhnen, Vertragsarten, Arbeitslosenversicherung, Zuständigkeiten bei der Bereitstellung von Putzmitteln oder der Haftung, wenn im Zuge der Reinigung ein Haushaltsgegenstand kaputt geht. Jene niederschwellig ausgearbeiteten Informationen werden für Reinigungskräfte auf einer Website in Deutsch und zwölf weiteren Sprachen zugänglich gemacht. Im Vortrag im Track #7 “Arbeit transformieren? Veränderungen in der Arbeitswelt” werden erste Ergebnisse der Studie vorgestellt und diskutiert.